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Das Ende des Kreises

Oper in 2 - 3 Akten

Libretto: Michel Beretti

Dauer: Abendfüllend

Auftrag der Oper Ulm

1981

Partiturauschnitt

Hörbeispiel: Tod der Flora (Ausschnitt)

… Die Lebendigkeit, mit der auf der Opernbühne brillante Inszenierungen aufeinander folgen, darf uns nicht vergessen machen, dass hinter dem Spiel der Fassaden, die Oper als Genre tot ist.

 

… In der Tat, ein Genre, das sich selbst als den harmonischen Zusammenfluss aller Künste sah, kann nur zu einem planmäßigen Untergang bestimmt sein, zu einem regelmäßigen Sterben, jedesmal wenn wieder eine ihrer Komponenten sich durch das Spiel der Formen entwickelt. So kommen verschiedene, schwierige und engherzige Versuche zustande, die von den Institutionen akzeptiert werden, zumal sie durch das ewig Gleiche des Repertoires beruhigt sind.

 

… Als Bruno mich fragte, ob ich sein Mitarbeiter sein wollte, und als er mir seine Intentionen, die ich zuvor als unvernünftig eingeschätzt hatte, erklärte, nämliche „eine Oper zu machen“, da wusste ich schon, dass uns dieser Entschluss nicht zur Oper, sondern in den Übergangsraum der Oper führen würde.

 

… Die Stimmen gehören zu der traditionellen Kategorie der Oper des 19. Jahrhunderts, aber durch die Verschiebung, die sie innerhalb des erzählerischen Handlungsablaufes erfahren, sind sie in Gefahr geraten. Denn, so muss man wissen, bis zu einem der letzten Werke („Le Nom d’Oedipe“ von Boucourechliev), wurde die Erzählung durch die vokalen Kategorien des letzten Jahrhunderts beherrscht.

 

…Startpunkt: - auf der Achse der Erzählung die Mythologie der Oper, unser Erbe mit dem wir noch immer leben und die das Wahnbild des Todes einer Sängerin und der Faszination der Stimme inszeniert, eine Erzählmaschine, die Jules Verne in seinem „Karpatenschloss“ so gut beschreibt; ein junges Mädchen aus der Wiener Bourgeoisie leidet unter nervösen Störungen, ihre Geschichte ist die eines Familienromans, aufgeschrieben von dem Doktor; eine Putzfrau, italienischer Abstammung (ach das Belcanto) deren tägliches Leben nichts Besonderes darstellt und deren Selbstmord sich unter der Rubrik „Vermischtes“ findet; eine alte Prostituierte, reich und geachtet, sie lebt noch, weil sie nicht geliebt hat, und die darum nicht singen wird …

 

… Unser Leben ist ein permanentes Schauspiel, die Form der modernen Tragödie ist, wie Hölderlin sagte: „Nichts passiert“. Das Material jeder konsequenten, folgerichtigen Dramaturgie ist was übrig bleibt (Spuren von ideologischen Ankündigungen, triviales, literarische Fragmente, journalistisches …)

„Oper machen“ = die Form von da nehmen, wo man sie offensichtlich vergessen hat, die aber immer noch in uns lebt, die wir verlieren und transformieren bis wir die neuen Formen erreichen und andere Praktiken in der Musik?

 

Michel Beretti

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